Finanzamt kann nicht abgeführte Lohnsteuervorauszahlungen und Mehrwertsteuerbeträge beim Unternehmensleiter einziehen

Wenn Ihr Unternehmen die Lohnsteuervorauszahlung, die es von den Gehältern des Personals einbehalten hat, oder die Mehrwertsteuer, die es von seinen Kunden erhalten hat, nicht an das Finanzamt abführt, begeht es einen Fehler, für den die Leiter des Unternehmens haften. Das bedeutet, dass das Finanzamt auch zu ihnen kommen kann, um sich die unterschlagenen Beträge zu holen. Mehr sogar, durch ein neueres Urteils des Kassationshofs wird dieses Vorhaben für das Finanzamt leichter. Seien Sie also auf der Hut.

Gesetzliche Grundlage

Seit 2006 steht ausdrücklich im Gesetz, dass die Leiter eines Unternehmens solidarisch verpflichtet sind, die Lohnsteuervorauszahlungen und die Mehrwertsteuer abzuführen. Das bedeutet, dass der Unternehmensleiter in Anspruch genommen werden kann, wenn die Gesellschaft ihren Pflichten nicht nachkommt. Das Finanzamt hat also eine zusätzliche Sicherheit, denn es kann sich an eine weitere Person wenden, um die Steuerschulden einzuziehen.

Welche Unternehmensleiter?

Alle Unternehmensleiter, die mit der Geschäftsführung einer juristischen Person betraut sind, fallen unter diese Regelung, sowohl von Gesellschaften als auch von gemeinnützigen Vereinen (VoG), sowohl von in- als auch von ausländischen Unternehmen.

Wann haftet der Unternehmensleiter?

Um den Unternehmensleiter in Anspruch nehmen zu können, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: (1) an erster Stelle muss die Gesellschaft oder die VoG bei der Einhaltung ihrer steuerlichen Pflichten (Abführung der Lohnsteuervorauszahlung und/oder der Mehrwertsteuer) nachlässig gewesen sein und (2) außerdem muss dieses Versäumnis der Gesellschaft auf einen persönlichen Fehler des Leiters zurückzuführen sein.

Die Beweislast liegt beim Finanzamt. Dieses muss somit nachweisen, dass das Unternehmen einen Fehler gemacht hat. Das Gesetz macht es dem Finanzamt allerdings leicht. Das Finanzamt darf sich nämlich auf die widerlegbare Vermutung berufen, dass die wiederholte Unterlassung der Abführung der Lohnsteuervorauszahlung oder der Mehrwertsteuer an sich schon beinhaltet, dass der Unternehmensleiter einen Fehler gemacht hat.

Es ist die Rede von wiederholtem Versäumen, wenn mindestens zwei oder drei fällige Beträge innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr nicht beglichen worden sind.

In diesem Fall wird die Beweislast umgedreht. Wenn der Unternehmensleiter sich dennoch seiner Haftung entziehen will, muss er nachweisen, dass dieses wiederholte Versäumnis nicht auf ihn zurückzuführen ist, sondern der Fehler z. B. von einer anderen Person begangen worden ist.

Vor Gericht

Wenn der Steuereinnehmer (d. h. der Beamte, der die Steuerschulden einzuziehen hat) den Leiter einer juristischen Person in Anspruch nehmen will, muss er diesem zuerst die Gelegenheit geben, diese Nachlässigkeit zu korrigieren oder nachzuweisen, dass er keinen Fehler begangen hat. Erst danach kann er die Steuerschulden beim Unternehmensleiter einfordern. Das kann er nicht direkt tun, sondern er muss vor Gericht gehen, das diesen Fall prüft und sich dazu äußert.

Welcher rechtlichen Art ist diese Haftung?

Über die rechtliche Art der Haftung war man sich uneinig. Ist die Haftung des Unternehmensleiters eine zivilrechtliche Haftung? Wenn dem so ist, wird der Druck auf den Steuereinnehmer viel größer. Das Finanzamt wird dann nicht nur nachweisen müssen, dass der Unternehmensleiter einen Fehler begangen hat (1), sondern auch, dass ein Schaden entstanden ist (2), und dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Fehler und dem Schaden gibt (3). Der Schaden besteht dann darin, dass das Unternehmen nicht gezahlt hat oder nicht mehr zahlen kann. Das würde bedeuten, dass der Steuereinnehmer beweisen muss, dass der Fehler des Unternehmensleiters der Grund dafür ist, dass die Lohnsteuervorauszahlung nicht abgeführt wurde.

Das höchste belgische Gericht, der Kassationshof, denkt jedoch anders darüber, wie aus einem neueren Urteil hervorgeht. Es handelt sich eher um eine steuerliche Haftung, die beinhaltet, dass der Unternehmensleiter zusammen mit seiner Gesellschaft verpflichtet ist, die fällige Lohnsteuervorauszahlung noch nachträglich zu zahlen.

Durch dieses Urteil wird es für das Finanzamt leichter, einen Unternehmensleiter für die nicht bezahlte Lohnsteuervorauszahlung und Mehrwertsteuer in Anspruch zu nehmen. Auf diese Weise kann der Steuereinnehmer schon beim Unternehmensleiter vorstellig werden, sogar wenn die Gesellschaft selbst möglicherweise noch ihre Steuerschulden (oder einen Teil davon) begleichen kann, ohne nachzuweisen, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Fehler und dem Schaden gibt.