Erbschaftsplanung: mit dem Ich-Opa-Testament eine Generation überspringen

Erbschaftssteuern können auf verschiedene Weise eingespart werden. Eine beliebte Methode ist das  Generation Skipping, wobei eine Generation übersprungen und das Vermögen unmittelbar den Enkeln überlassen wird. Eigentlich enthält der Begriff des 'Generation Skipping' verschiedene besondere Techniken: eine davon ist das 'Ich-Opa-Testament', mit dem wir uns hier beschäftigen.

Generation Skipping: eine Generation auslassen

Beim Generation Skipping wird eine Generation übersprungen. Großeltern vererben (einen Teil von) ihr(em) Vermögen unmittelbar ihren Enkeln. Der Vorteil besteht darin, dass nur einmal Erbschaftssteuern bezahlt werden. Außerdem gibt es in den meisten Fällen mehr Enkel als Kinder: Das Vermögen wird dann zwar unter mehr Erben verteilt, aber diese fallen jeweils unter einen niedrigeren Steuerbetrag und zahlen dadurch weniger Erbschaftssteuern. Es werden also zweimal Steuern gespart.

Eine besondere Technik des Generation Skipping: das Ich-Opa-Testament

Beim Ich-Opa-Testament bestimmen die Großeltern ihre Kinder als allgemeine Vermächtnisnehmer an, wobei die Verpflichtung verbunden wird, eine Verbindlichkeit gegenüber deren eigenen Kindern anzuerkennen. Die Kinder sind also Erben und erhalten den (vollständigen) Nachlass, aber unter einer Verpflichtung - mit anderen Worten unter der Bedingung, dass sie ihrerseits ihren Kindern (den Enkeln des Erblassers) einen Betrag zuerkennen.

Die Enkel dürfen allerdings nicht sofort einen Betrag anfordern. Sie erhalten diesen Betrag erst nach dem Tod ihrer Eltern. De facto wird der Betrag also zunächst den Kindern und über sie erst später den Enkeln vererbt. Die Enkel erhalten eine Forderung gegenüber ihren Eltern.

Worauf genau haben die Enkel Anspruch?

Die Enkel haben Anspruch auf den Barwert zum Zeitpunkt des Todes der Großeltern. Um den Barwert zu ermitteln, muss der Nominalbetrag, den die Enkel letztendlich erhalten werden, 'diskontiert' werden. Mit anderen Worten, es muss berechnet werden, wie hoch der aktuelle Wert (zum Zeitpunkt des Todes des Großvaters) des Nominalbetrags ist, den die Enkel später erhalten werden (zum Zeitpunkt des Todes ihres Elternteils).

Wir können den Barwert feststellen, da er faktisch das bloße Eigentum des Nominalbetrags ist, den der Enkel zum Zeitpunkt des Todes seines Elternteils erhalten wird. Wir müssen also den Wert des bloßen Eigentums berechnen. Der Nominalwert ist dann das volle Eigentum, das die Enkel zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters oder ihrer Mutter erhalten.

Beispiel

Angenommen, ein Großvater hat eine Tochter und einen Enkel und will, dass sein Enkel später 150.000 Euro erhält. Die 150.000 Euro sind der Nominalbetrag, den der Enkel letztendlich erhalten soll. Um zu ermitteln, wie hoch der Barwert dieser 150.000 Euro zum Zeitpunkt des Todes des Großvaters ist, muss dieser Betrag 'diskontiert' werden. Seine Tochter ist zum Zeitpunkt seines Todes 57 Jahre alt.

Der Wert des Nießbrauchs hängt vom Alter des Nießbrauchers ab. Je älter der Nießbraucher, desto weniger ist der Nießbrauch wert. Der Gesetzgeber hat dazu eine Übersichtstabelle im Gesetz aufgenommen (von einem Nießbraucher im Alter von weniger als 20 Jahren bis hin zu einem Nießbraucher, der älter als 80 Jahre ist). Es folgt ein Auszug aus dieser Tabelle:

Nießbraucher ist zwischen 55 und 60 Jahre alt: 44 %;

Nießbraucher ist zwischen 60 und 65 Jahre alt: 38 %;

Nießbraucher ist zwischen 65 und 70 Jahre alt: 32 %;

Nießbraucher ist zwischen 70 und 75 Jahre alt: 24 %.

Die Tochter ist 57 Jahre alt: Der Wert des Nießbrauchs der Tochter = 44 % des Nominalbetrags. Der Wert des bloßen Eigentums des Enkels = 56 % des Nominalbetrags. Um den Barwert zu ermitteln, reicht es also aus, 56 % des Nominalbetrags zu nehmen = 150.000 × 56/100 = 84.000 Euro.

Warum ist ein Ich-Opa-Testament interessant?

Ein Ich-Opa-Testament ist interessant, weil die Kinder beim Tod ihres Elternteils den Nominalwert der Verbindlichkeit erhalten (im Beispiel: 150.000 Euro). Sie bezahlen jedoch nur Erbschaftssteuern auf den Barwert der Verbindlichkeit (im Beispiel: 84.000 Euro).

Außerdem dürfen die Kinder, die als allgemeiner Vermächtnisnehmer von ihrem Elternteil (dem „Opa“) erben, die Verbindlichkeit, die sie gegenüber ihren eigenen Kindern haben, von der Summe, die sie erhalten, abziehen. Sie zahlen also Erbschaftssteuern auf einen geringeren Betrag. Die Enkel zahlen zu diesem Zeitpunkt (beim Tod des Großvaters) Erbschaftssteuern auf den Barwert ihrer Forderung.

Aber durch die Verteilung der Erbschaftssteuern auf eine größere Anzahl von Erben (meistens gibt es mehr Enkel als Kinder) muss insgesamt weniger Steuern gezahlt werden.

Beispiel: mit oder ohne Ich-Opa-Testament

Herr Mertens hat drei Kinder und sechs Enkel (jedes Kind hat zwei Kinder). Er hat ein Vermögen in Höhe von 420.000 Euro. (In diesem Beispiel wurden die Tarife verwendet, die in Flandern gelten - auch für die anderen Regionen bringt diese Technik eine Einsparung ein, sei es mit anderen Tarifen und Beträgen).

Er verfasst ein Ich-Opa-Testament, wobei er bestimmt, dass jeder Enkel einen Betrag in Höhe von 50.000 Euro erhalten soll (Barwert bei seinem Tod).

Tod von Großvater Mertens

Die sechs Enkel erhalten jeweils 50.000 Euro und bezahlen darauf jeweils 1.500 Euro Erbschaftssteuern (3 % von 50.000). Die sechs Enkel zahlen zusammen also 9.000 Euro.

Die drei Kinder erhalten zusammen 420.000 - 300.000 (= die Verbindlichkeit, die mit dem Erbe verbunden ist bzw. 6 × 50.000 für die Enkel). Die Kinder erhalten also de facto 120.000 bzw. jeder 40.000. Darauf zahlen sie jeweils 1.200 Euro (3 % von 40.000) Erbschaftssteuer. Zusammen sind das 3.600 Euro.

Summe: sechs Enkel (9.000 Euro) und drei Kinder (3.600 Euro) bezahlen zusammen 12.600 Euro Steuern.

Tod eines der Kinder von Herrn Mertens

Der Sohn von Herrn Mertens stirbt. Seine beiden Kinder erhalten jeweils die Hälfte von dem, was ihr Vater netto vom Erbe von Großvater Mertens übrigbehalten hat = 40.000 - 1.200 = 38.800. Sie erben jeweils 19.400 Euro, worauf sie 3 % Erbschaftssteuer bzw. jeweils 582 Euro bezahlen. Sie werden jetzt auch die 50.000 Euro bekommen, worauf sie schon beim Tod ihres Großvaters Erbschaftssteuer gezahlt haben.

Dasselbe Szenario spielt sich beim Tod der anderen Kinder von Großvater Mertens ab.

Gesamte Erbschaftssteuer beim Ich-Opa-Testament

Die gesamte Erbschaftssteuer, die bezahlt wurde, wenn Großvater Mertens und seine drei Kinder gestorben sind:

die drei Kinder: jeweils 1.200 Euro bzw. zusammen 3.600 Euro;

die sechs Enkel jeweils 2.082 Euro (1.500 beim Tod des Großvaters + 582 beim Tod des Elternteils) bzw. zusammen 12.492 Euro;

Summe: 3.600 + 12.492 = 16.092 Euro.

Was geschieht, wenn Herr Mertens kein Ich-Opa-Testament verfasst hat?

Beim Tod von Großvater Mertens erhält jedes Kind 140.000 Euro (ein Drittel von 420.000). Darauf bezahlen die Kinder jeweils 9.600 Euro = 1.500 Euro (3 % von 50.000) + 8.100 Euro (9 % von 90.000). Zusammen bezahlen sie also = 28.800 Euro.

Die Enkel bezahlen erst, wenn sie von ihrem Elternteil erben. Jeder Enkel erhält die Hälfte von 130.400 (140.000 - 9.600) = 65.200. Darauf bezahlen sie jeweils 1.500 Euro (3 % von 50.000) + 1.368 (9 % von 15.200) = 2.868 Euro. Zusammen bezahlen sie 17.208 Euro.

Die gesamte Erbschaftssteuer, die bezahlt wurde, wenn Großvater Mertens und seine drei Kinder gestorben sind:

die drei Kinder: jeweils 9.600 Euro bzw. zusammen 28.800 Euro;

die sechs Enkel jeweils 2.868 Euro bzw. zusammen 17.208 Euro;

Summe: 28.800 + 17.208 = 46.008 Euro.

Ohne die Erbschaftsplanung von Großvater Mertens bezahlt die Familie insgesamt beinahe 30.000 Euro mehr Steuern.