Gestaffelte Veranlagung von Mehrwerten

Wenn ein Unternehmen bei der Veräußerung von betrieblichem Anlagevermögen einen Mehrwert realisiert, ist dieser Mehrwert steuerpflichtig. Das Unternehmen kann sich allerdings für die gestaffelte Veranlagung des Mehrwerts entscheiden. Dazu muss der erhaltene Verkaufserlös in einen neuen Vermögensgegenstand, der betrieblich genutzt wird, reinvestiert werden. Der Mehrwert wird dann nur in dem Maße versteuert, wie das neue Anlagevermögen abgeschrieben wird.

Gezwungener und freiwilliger Mehrwert

Ein Mehrwert kann sowohl freiwillig als auch gezwungen realisiert werden. Ein freiwilliger Mehrwert wird realisiert, wenn das Unternehmen selbst die Entscheidung trifft, einen bestimmten materiellen oder immateriellen Anlagewert zu veräußern. Bei einem gezwungenen Mehrwert hat das Unternehmen selbst kein Mitspracherecht: Dieser entsteht durch einen Schadenfall (wobei das Unternehmen eine Entschädigung erhält), eine Enteignung oder eine Einforderung des Eigentums durch eine Behörde. Diese Ereignisse treten völlig unabhängig vom Willen des Steuerpflichtigen ein.

Gestaffelte Veranlagung

Eine zeitlich gestaffelte Veranlagung bedeutet, dass der erhaltene Mehrwert nicht sofort versteuert wird, sondern allmählich abhängig davon, wie der Vermögensgegenstand, in welchen reinvestiert wurde, abgeschrieben wird.

Welche Vermögensgegenstände kommen in Betracht?

Die Vermögensgegenstände müssen mindestens fünf Jahre die Art von materiellen Anlagevermögen haben. In diesem Zusammenhang heißt das, dass die Aktiva zur Erwerbstätigkeit eingesetzt werden müssen. Diese Frist von fünf Jahren wird ab dem Tag, an dem der Vermögensgegenstand zum ersten Mal für die Erwerbstätigkeit verwendet wird (im Prinzip ist das der Tag, an dem er in den Besitz des Unternehmens gelangt ist), bis zum Tag der Veräußerung berechnet.

Außerdem ist die gestaffelte Veranlagung nur für Vermögensgegenstände möglich, auf denen Abschreibungen erfolgt sind. Aktiva, auf denen keine Abschreibungen erfolgt sind, z. B. die Kundschaft, die vom Unternehmen selbst aufgebaut wurde, kommen für das System der gestaffelten Veranlagung nicht in Betracht.

Reinvestition

Das Unternehmen wird nur auf den Mehrwert in dem Maße besteuert, wie das neuerworbene Anlagevermögen abgeschrieben wird (= zeitlich gestaffelt). Das bedeutet, dass in einen neuen Vermögensgegenstand investiert werden muss, der abgeschrieben werden kann. Das Unternehmen muss mit anderen Worten in einen anderen Vermögensgegenstand reinvestieren, der für berufliche Zwecke verwendet werden soll.

Das Unternehmen muss den vollständigen Betrag des erhaltenen Verkaufspreises oder der Entschädigung reinvestieren. Es reicht demnach nicht aus, dass der Mehrwert neuangelegt wird.

Beispiel
Die pGmbH Vermeulen besitzt eine alte Maschine mit einem Restwert in Höhe von 50.000 EUR. Die Maschine wird für 150.000 EUR verkauft. Die pGmbH realisiert also einen Mehrwert in Höhe von 100.000 EUR. Um für das System der gestaffelten Veranlagung in Betracht zu kommen, muss die pGmbH Vermeulen jedoch den vollständigen Verkaufspreis von 150.000 EUR reinvestieren.

Bei einem gezwungenen Mehrwert verfügt das Unternehmen über eine Reinvestitionsfrist von drei Jahren ab dem Ende des steuerpflichtigen Zeitraums, in welchem die Entschädigung erhalten wurde. Bei einem freiwillig verwirklichten Mehrwert hat das Unternehmen eine Frist von drei Jahren ab dem ersten Tag des steuerpflichtigen Zeitraums, in welchem der Mehrwert verwirklicht wurde.

Beispiel
Ein Unternehmen besitzt ein Betriebsgebäude. Das Gebäude brennt im September 2015 ab. Das Unternehmen erhält eine Entschädigung im Mai 2016. Das Unternehmen hat eine Frist bis zum 31. Dezember 2019, um den erhaltenen Schadenersatz zu reinvestieren.
Ein Unternehmen hat ein Betriebsgebäude und verkauft dies im Oktober 2015. Das Unternehmen hat eine Frist bis zum 31. Dezember 2017, um den erhaltenen Verkaufspreis zu reinvestieren.

Wenn das Unternehmen (bei einem freiwillig verwirklichten Mehrwert) in eine Gebäude, ein Fahrzeug oder ein Flugzeug reinvestieren will, wird die Reinvestitionsfrist auf fünf Jahre verlängert. Außerdem kann das Unternehmen in einen Vermögensgegenstand reinvestieren, der schon früher erworben wurde. Die Reinvestitionsfrist kann schließlich (nach Wahl des Steuerpflichtigen) schon am ersten Tag des vorletzten Steuerzeitraums beginnen, der der Verwirklichung des Mehrwerts vorangeht.

Beispiel
Die AG Build hat am 8. Februar 2016 einen Mehrwert realisiert, den sie in ein neues Gebäude reinvestieren will. Die AG kann entscheiden, ob die Wiederlagefrist läuft:
• vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2020; oder
• vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2018.

Was geschieht, wenn nicht rechtzeitig reinvestiert wird?

Wenn das Unternehmen nicht rechtzeitig reinvestiert, wird der Mehrwert als Gewinn des Steuerzeitraums betrachtet, in welchem die Wiederanlagefrist abgelaufen ist, und als solches versteuert.

Anmerkung: das System ist optional

Das System der gestaffelten Veranlagung ist freiwillig. Der Steuerpflichtige kann also entscheiden, den gesamten Mehrwert sofort zu versteuern.